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23.08.2021

Gut Oggau im Interview – „Wir können keinen Zentimeter zurück.“


Wie kamt ihr zu Gut Oggau – oder kam Gut Oggau zu euch?

Eduard: Ich komme aus einer Weinbau-Familie, habe also klassisch Weinbau gelernt. Meine  Frau stammt aus einer Familie von Gastronomen und hat Kunst studiert. Wir haben uns getroffen und ich habe sie nach drei Monaten fragen müssen, ob sie mich heiratet. Gott sei Dank hat sie ja gesagt. Und dann war schnell klar, dass wir uns gemeinsam irgendwas aufbauen wollen. Das hätte auch ein Restaurant oder eine Weinbar sein können. Und dann hat das Weingut uns gefunden, mehr als dass wir das Weingut gefunden haben. So haben wir angefangen, ohne zu wissen, worauf wir uns einlassen. Weder was die Biodynamie betrifft, noch was die die Qualität der Weingärten angeht. Rückblickend vielleicht ein bisschen naiv.

Wie waren denn die Reaktionen im Österreichischen Weinmarkt?

Stephanie: Inzwischen verkaufen wir nur noch fünf Prozent nach Österreich und der Rest geht ins Ausland, wir sind mittlerweile in 66 Ländern. Wir mussten raus, weil in Österreich die Weine niemanden interessiert haben. Es hieß: Die Etiketten sind eine Katastrophe, da stehen keine Rebsorten darauf. Die Weine sind trüb, das will keiner. Aber wir wussten, dass sie gut sind und dass es irgendwo auf der ganzen Welt irgendwelche verrückten Leute gibt, die sie gut finden, so wie wir. Vor allem auch Sommeliers. Wir haben dann Klinken geputzt auf der ganzen Welt, von Restaurant zu Restaurant und haben die Weine vorgestellt. So haben wir uns weltweit eine Homebase aufgebaut. Und mittlerweile ist Naturwein auch generell salonfähig geworden. 

Ihr seid dabei geblieben, auf euren Etiketten die Rebsorten nicht zu nennen. Warum?

Eduard: Es ist natürlich wichtig zu wissen, welche Sorten typisch sind für eine Region. Aber gleichzeitig wird gerade im deutschsprachigen Raum die Rebsortenstilistik im Geschmack zu wichtig genommen. Viele Leute glauben, Blaufränkisch, Veltliner und Riesling müssen überall gleich schmecken. Aber die meisten hochwertigen Rebsorten, die sich über die Jahrhunderte erhalten haben, drücken sehr gut den Standort aus. Das ist das entscheidende! Blaufränkisch bei uns in Oggau schmeckt natürlich anders als Blaufränkisch im Südburgenland, Veltliner vom Neusiedlersee schmeckt anders als im Weinviertel. Deswegen sehen wir es als entbehrlich an zu sagen, welche Rebsorten in einem Wein sind, weil  die Leute sonst reflexartig überlegen: Na, wie müsste das denn schmecken, wenn es so schmecken soll, wie es im Buch steht?

Stephanie: Naturbelassene Weine wollen ja dieser Erwartungshaltung nicht entsprechen und können es auch nicht, weil der Faktor Natur die große Unbekannte ist. Wir haben keine Ahnung, was zum Beispiel das Wetter am Ende des Jahres unseren Trauben bringt.

Hat euch die Biodynamie zwangsläufig zum Naturwein geführt?

Stephanie: Es gibt Winzer die arbeiten biodynamisch zertifiziert, aber wenn sie eine Traube abschneiden, ist das für sie – ganz böse gesagt – eine tote Traube. Und sie greifen im Keller ein, wie sie möchten. Für uns ist es so: Wenn wir von einem Naturprodukt sprechen,dann gilt das auch im Keller. Das muss jeder für sich selber entscheiden, aber ich persönlich trink auch keine Weine mit Schwefel.

Eduard:Wir waren natürlich am Anfang sehr streng, das war wichtig, um uns zu finden und uns abzugrenzen. Da haben wir auch geglaubt, unser Weg ist der einzig richtige. Wir sind mittlerweile erfahren genug, um zu wissen: Natürlich gibt’s auch andere Wege. Aber wir persönlich könnten keinen Zentimeter mehr zurück. Diese Lebendigkeit, die wir in den Weingärten und in den Weinen haben aufs Spiel zu setzen, käme nicht in Frage. Aber wir würden nie sagen: Das muss so sein. Es gibt kein Dogma, weil es auch nicht den einzigen Standort und die einzig mögliche Bewirtschaftung gibt. Wir sind jetzt mit unserem Hof viel, viel weiter, als wir 2007 waren. Wir werden aber in 15 Jahren noch viel weiter sein. Es ist diese Reise, auf die man gehen muss. Und du kannst nicht dogmatisch reisen, wenn du frei reisen willst. Wenn du nur in 5-Sterne Fünf-Sterne-Hotels absteigst, dann wird das wirst du die Welt nicht erleben. Der Mix macht es aus.

 

Website: gutoggau.com

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